Taoismus, Schach und 1 Feuervogel
Kreisklasse A Karlsruhe, 6. Spieltag, ÜBÜ Karlsruhe II vs. SC Waldbronn
Am Samstag war mal wieder Spieltag in der Kreisklasse A. Und zum dritten Mal diese Saison bin ich im Einsatz. Dieses Mal ging es gegen einen Verein, in welchem ich vor 20 Jahren selbst einmal Mitglied war, dem SC ÜBÜ Karlsruhe. Hier erfährst Du den Bericht und was das Alles mit Taoismus zu tun hat.
Nach acht Partien A-Open Baden-Baden war dies bereits meine 10 Turnierpartie in diesem Jahr,
Einige Mitspieler unseres Kontrahenten kenne ich bereits sehr lange und so war es ein tolles Erlebnis in deren Spiellokalität in Karlsruhe-Mühlburg einzulaufen und natürlich viele vertraute Gesichter wiederzusehen.
Von den Wertungszahlen aus betrachtet, befanden wir uns in einer deutlichen Favoritenrolle. Durchschnittlich waren wir um die 70 DWZ Punkte besser besetzt als ÜBÜ.
Doch alles muss natürlich zuerst einmal gespielt werden. Im Kellerderby (über beide Vereine waltet noch ein kleines Abstiegsgespenst) dürfte der Gewinner den Klassenerhalt sicher stellen können.
Am Ende trennten sich beide Mannschaften Remis – das sollte für beide den Klassenerhalt bedeuten
Lange Rede kurzer Sinn. Unserer Favoritenrolle konnten wir leider nicht gerecht werden. Bereits schnell gerieten wir an Brett 4 in Rückstand. Leider Gottes beendete eine für uns unglückliche Springergabel diese Partie und wir liefen einem Rückstand hinterher.
An Brett 5 zeigte unser junger Niklas (bislang noch ohne DWZ) eine bärenstarke Leistung. Zuerst war die Qualität gewonnen und irgendwann war dann der ganze Turm perdu. Es war keine Frage, dass dieser Vorteil von Niklas souverän verwertet werden würde. An den anderen Brettern war es bis dato unklar bzw. es war nicht wirklich viel los. Nach meiner Einschätzung waren wir an allen Brettern innerhalb der Remisbreite.
Dies nur einmal zur kurzen Lage, die noch wichtig werden sollte. Doch dazu später mehr.
Ich musste gegen Rolf (genannt „Tao“) spielen
Mein Gegner Tao kenne ich bereits sehr viele Jahre. Turniere spielt er selten, dafür mehr oder weniger regelmäßig in den Verbandsrunden.
Lustigerweise ist es tatsächlich die erste Partie, die ich gegen Tao jemals spielte, obwohl wir uns bei gutem Wetter regelmäßig im Schlossgarten in der Freischachanlage treffen, zum kommentieren, spielen und das gute Wetter genießen. Einen netten Bericht zu dieser Freischachanlage lässt sich auf dem Blog von Mathias, dem Schriftführer von ÜBÜ nachlesen.
Trotzdem habe ich auch dort niemals gegen Tao gespielt, hatte aber den entscheidenden Vorteil zu wissen, dass er mit Weiß regelmäßig den f-Bauern doppelschrittig beginnen lässt. Es war also klar, dass wir die Bird-Eröffnung auf das Brett bekommen würden
Um also bestens gewappnet in diese Partie zu gehen, sollte ich also sowohl die Grundzüge des Taoismus verstehen lernen, als mir auch überlegen, was ich der Feuervogel-Eröffnung entgegensetzen möchte.
Was ist Taoismus im Schach?
Ein Taoist beim Schachspielen ist wie jemand, der sehr ruhig und freundlich ist und versucht, mit dem Spiel so zu sein, wie mit einem guten Freund. Er möchte, dass alles im Spiel schön ausgeglichen ist, ähnlich wie wenn man beim Spielen darauf achtet, dass jeder fair behandelt wird und Spaß hat.
Er passt sich an, wie das Spiel läuft, ohne sich zu ärgern, genau so, als würde er im Park spazieren und den Weg nehmen, der gerade am schönsten aussieht.
Also stellte ich mich auf eine ruhige und langsame Partie ein. Wir wollen den Taoismus und Schach eben gemächlich und ohne Hektik zelebrieren
Was ist die Feuervogel-Eröffnung?
Die Bird-Eröffnung ist eine Schacheröffnung, benannt nach Henry Edward Bird, die mit dem Zug 1. f2–f4 beginnt. Sie zielt darauf ab, das Zentrumfeld e5 zu kontrollieren, üblicherweise unterstützt durch Züge wie Sg1–f3, b2–b3, und ein Fianchetto des Läufers auf b2. Bird selbst setzte diesen Eröffnungszug in einem Großteil seiner Partien ein. Eine berühmte Partie mit dieser Eröffnung wurde von Emanuel Lasker gespielt.
Die Hauptantworten von Schwarz auf die Bird-Eröffnung umfassen: 1. … d7–d5, was der Holländischen Verteidigung mit vertauschten Farben entspricht, 1. … e7–e5 (Froms Gambit), 1. … Sg8–f6, welcher verschiedene indische Aufbauten ermöglicht, 1. … g7–g6, die zu Abspiele der Modernen Verteidigung führen kann, 1. … f7–f5, und 1. … g7–g5 (Hobbs Gambit), der versucht, die g-Linie sofort zu öffnen.
Eine Beispiel-Partie zeigt die Anwendung der Eröffnung durch Bird, die mit einem spektakulären Matt endet. Obwohl die Bird-Eröffnung unter den 20 möglichen Eröffnungszügen an sechster Stelle steht, weist sie eine eher unvorteilhafte Statistik für Weiß auf, mit einer durchschnittlichen Punktausbeute von nur 46,05 %, was darauf hindeutet, dass Schwarz in diesen Partien tendenziell die Oberhand gewinnt. (Quelle Wikipedia)
Da ich also bereits von Beginn an wusste, dass Bird auf das Brett kommen würde, überlegte ich mir bereits im Vorfeld, was ich dagegen spielen wollte. Normalerweise spiele ich gegen Bird immer das Froms-Gambit. Würde ich in einem Turnier spielen, hätte ich diese Wahl auch getätigt. In einer Mannschaft ist es eben immer so eine Sache, Gambit zu spielen. Denn bei korrekter weißer Verteidigung, verbleibt einfach ein Minusbauer mit leichtem Vorteil für Weiß. Allerdings nur bei perfekter Spielweise beider Seiten.
Die Gefahr daneben zu greifen ist beidseitig sehr hoch. Mein Gegner spielt niemals anders als 1. f4. Von daher ging ich davon aus, dass er die gängigen Froms-Varianten kennt und auf keine der darin enthaltenen Fallen reinfallen wird. Dann würde die Partie allerdings auch aus dem Rahmen des Taoismus fallen.
1. Vorbereitungsvideo: 1. f4 Sh6
Ich hatte mir tatsächlich überlegt, vllt. meinen Gegner mit dem ersten Zug … Sh6 aus dem Konzept zu bringen. Dieser fragwürdig aussehende Zug, kann aber eventuell die Möglichkeit erlauben in eine Art „verbessertes Froms-Gambit“ zu transformieren.
2. Einmal Froms immer Froms — zur Wiederholung die Grundlagen
Es macht einfach Spaß Froms zu spielen, obwohl es wohl leider nicht zu 100% korrekt zu sein scheint. Schaut Euch das Video an und genießt diese Stellungen einfach.
Die tatsächlich gespielte Partie war dann klassisch Bird (1. f4 d5)
Hier hatte ich mir den einfachen Plan zurechtgelegt möglichst schnell Lg4 zu spielen und diesen Läufer gegen den Springer auf f3 dann auch abzutauschen. Ich wollte definitiv den Königsspringer nicht nach e5 lassen. Weiterhin wollte ich mich mit c5, e6 , vielleicht noch a6 bzw.b6 oder b5 und kurzer Rochade aufbauen. Ich wollte einfach solide dastehen und die Stellung auf dynamischen Ausgleich spielen. Ganz im Sinne des Taoismus – im Fluss des Schachspiels!
Doch schaut selbst, wie die Partie dann tatsächlich kam.
Fazit
Mein Remis war mehr als fragwürdig. So eine Stellung muss ich auf Gewinn spielen. Alles andere kann mein Anspruch nicht sein.
Zu dem Zeitpunkt lagen wir zudem 1-0 in Rückstand, allerdings stand unser Brett 5 klar mit einem Turm mehr auf Gewinn. Auch hier an dieser Stelle noch mal Glückwunsch an Niklas zu dieser unglaublich stark geführten Partie!
Ich traute mir die Gewinnführung nicht wirklich zu und fürchtete die Stellung zu öffnen. Allerdings nahezu unbegründet. Mein Gegner muss ewig und ein Tag den rückständigen Bauern auf d3 bewachen. Weiß bekommt nahezu keine praktischen Gegenchancen.
Im schlimmsten Fall wäre die Partie Remis ausgegangen im besseren Falle hätte ich gewonnen. Ich weiß nicht, ob die Stellung gewonnen war, aber zumindest verlieren konnte man diese eigentlich nicht mehr.
In Zukunft werde ich solche Stellungen definitiv ausspielen.
Ausführlich und interessant, Chapeau Guido!
Grüße,
Mathias
Danke Mathias für Deinen Kommentar. Es war sehr schön, wieder bei Euch zu spielen!
p.s.: für spielberichte der 2. und 3. Mannschaft sollte hoffentlich ein anderer Redakteur schreiben. Deswegen habe ich diese Begegnungen zunächst nicht erwähnt…