Untergrombach Open, Tag 4, Runde 6
Es wird nun tatsächlich ernst. Mit vier Punkten aus fünf Spielen habe ich überraschenderweise den Status eines Turnierfavoriten erreicht. Ein Sieg in der heutigen Partie würde mich endgültig in diesen erlauchten Kreis aufnehmen lassen und mir die Möglichkeit geben, aktiv mitzumischen.
Das ist wahrlich sensationell. Bedenkt man meine Wertungszahl und meine bisherige Spielpraxis, hätte ich nie mehr als einen Platz im Mittelfeld für realistisch gehalten.
Auf einmal an Brett 2 — gegen einen siebenjährigen Schachfreund
Mein Kontrahent heute ist der jüngste Spieler des diesjährigen B-Turniers in Untergrombach. Der gerade mal siebenjährige Li Yunqi aus Marbach ist schon jetzt mit einer Wertungszahl von 1516 eine große Nachwuchshoffnung in Baden-Württemberg.
Bis zur letzten Runde führte er mit perfekten 4 Punkten aus 4 Spielen das Feld an, gemeinsam mit dem ebenfalls erst achtjährigen Bayastan Sydykov aus Kasachstan, dem späteren Turniersieger. Obwohl er seine letzte Partie verlor, gehe ich davon aus, dass er gegen mich besonders motiviert sein wird, um weiterhin um das Preisgeld zu kämpfen.
Ich blicke mit großer Vorfreude auf dieses Spiel. Meiner Meinung nach ist Li einer der stärksten Spieler des Turniers und verfügt über ein enormes Entwicklungspotenzial.
Auf das Brett kam die sizilianische Verteidigung
Um es genau zu nehmen, spielte mein Gegner den englischen Angriff im Scheveningen-System, charakterisiert durch den Zug 7. f3. Wie es für mich typisch ist, trat ich auch in diesem Match theoretisch eher unvorbereitet an.
Das macht die Sache für mich zwar nicht leichter. Doch bin ich es eben gewöhnt, nicht gerade ein toller Eröffnungs-Experte zu sein.
In zukünftigen Turnieren habe ich mir jetzt allerdings eine schärfere Waffe gegen Sizilianisch zurechtgelegt. Nämlich das Morra Gambit, mit dem ich mich derzeit ein klein wenig beschäftige.
Das Buch „Mayhem in the Morra“ liegt ständig bei mir auf dem Schreibtisch und immer mal wieder studiere ich den Inhalt für einen Moment. Ich bin schon sehr gespannt auf meine ersten Morra-Ergebnisse in ernsthaften Turnierpartien.
Die Partie selbst war okay für mich
Dieser Najdorf, der dann in das Scheveningen überging war für mich okay als Schwarzer. In ernsthafte Bedrängnis kam ich nie. Allerdings habe ich es auch nie geschafft einen großen Vorteil herauszuspielen.
Es war keine Glanzpartie, aber ein für meine Verhältnisse solider Vortrag.
Am Ende war es dann ein Mehrbauer im Leichtfiguren-Endspiel. Wie ich es hätte gewinnen sollen, wusste ich nicht. Mein Gegner bot Remis und ich nahm an.
Somit waren es dann 4,5 aus 6
Jetzt gehe ich mit 4,5 Punkten in die letzte Runde. Der Turniersieg ist nicht mehr möglich. Aber ein Platz unter den ersten vier wäre noch drin. Dazu ist morgen jedoch unbedingt ein Sieg vonnöten. Wir werden sehen, wie es morgen laufen wird.